Der Hirsch als christliches Symbol
Im "Physiologus" (einer Schrift zur frühchristlichen Naturdeutung)
heißt es, dass "der Hirsch Wasser in jede Erdspalte speit,
in welcher sich Giftschlangen verborgen halten; er schwemmt sie
damit heraus und zertritt sie. So schlägt auch unser Herr die Schlange,
den Teufel, mit dem Himmelswasser [...]."
Im Christentum ist der Hirsch ein Symboltier Christi. Er treibt
die Schlange, die Verkörperung des Bösen, aus ihrem Versteck hervor.
Der Hirsch wird auch als Feind des Drachen angesehen: in der christlichen
Glaubensvorstellung wird der Gottessohn den großen Drachen, den Teufel,
töten. Christus oder auch Maria erscheinen in christlichen
Darstellungen oft als ein weißer Hirsch mit goldenem Geweih.
Das abgeworfene Geweih dieses Hirsches kann Quellen heilende Kräfte verleihen.
Die Darstellung eines von Wölfen gejagten Hirsches steht in der
christlichen sakralen Kunst symbolisch für eine Seele, die vom Tod oder
Teufel verfolgt wird. Der Hirsch, der von dämonischen Wesen
verfolgt wird, symbolisiert die Bedrohung der gläubigen Seele durch den Teufel.
Im Text des "Bestiariums" (eines mittelalterlichen Tierbuches) steht
geschrieben:
"Wenn die Hirsche Wasserläufe überqueren, so legen sie
ihre Köpfe auf die Hinterteile der vor ihnen
Schwimmenden und erleichtern so ihr Gewicht. Kommen sie an einen
schmutzigen Ort, so springen sie in schnellem Lauf darüber hinweg.
So sollen auch die Christen [...] sich gegenseitig helfen und tragen;
einen Ort schmutziger Sünde sollen sie überspringen, und wenn sie
sich das teuflische Schlangengift einverleibt haben, sollen sie
zu Christus, der wahren Quelle, laufen, um zu beichten und so
wieder jung zu werden."
Der Hirsch symbolisiert hier
den Kampf gegen die Sünden und die gegenseitige Hilfe zwischen den Christen.
Der Hirsch gilt auch als Symbol für das Sakrament der Taufe. Aus
diesem Grund ist seine Darstellung häufig im Baptisterium von Kirchen zu finden.
In der Symbolkunst des christlichen Mittelalters wird der
Hirsch gelegentlich an Weintrauben knabbernd dargestellt,
als Symbol des Menschen, der schon auf Erden der himmlischen
Gnadengüter teilhaftig werden kann. Sein Streben zu den
Quellen ist Sinnbild des Wunsches nach dem
reinigenden Taufwasser. Daher sind Hirsche oft in Taufstein-Reliefs abgebildet.
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